
Handelsblatt 2. März 2009
Der Mini-Rechner ersetzt die Handtasche
Von Pia Grund-Ludwig Sie
gelten bei den Computerherstellern als Hoffnungsträger und sollen die
Umsatzdellen in anderen Segmenten ausgleichen. Dabei sind die neuen
Netbooks sind nicht nur günstige Zweitgeräte für Geschäftskunden, sie
folgen auch Modetrends. Die Entwicklungen der Billigrechner.
DÜSSELDORF. "Während die Umsätze mit normalen tragbaren Geräten
zurückgehen, werden die Mini-Notebooks weiter den Markt durchdringen
und den Trend zum Einsatz mehrerer Geräte in diesem Jahr stützen," sagt
Eszter Morvay, Analystin beim Marktforschungsunternehmen IDC. Der
Anbieter Hewlett-Packard hat bei den Mini-Notebooks die Nase vorn.
Konkurrenten sind Acer mit seiner Multimarkenstrategie sowie Asus mit
einer breiten Produktpalette und vorteilhaften Vertriebsabkommen mit
Telekommunikationsunternehmen.
Nach Schätzungen von IDC werden bis zum Jahr 2012 zwölf Millionen
Netbooks über den Ladentisch gehen. Der Experte Achim Schnabel von der
Beratungsgesellschaft Accenture sieht in dem Aufkommen der kleinen
Computer eine der größten Veränderungen im IT-Markt der vergangenen
zehn Jahre. Dank größerer Bildschirme im Vergleich zu Handcomputern
(PDA) könne man damit "wirklich arbeiten", sagt Schnabel. Der Trend
gehe zu hochwertigen Produkten mit Zehn-Zoll-Displays.
Ein Zweitgerät werden die Netbooks aber bleiben, zumindest im
Businessbereich.
"Durch das gestiegene Informationsbedürfnis fordert
heute jedes Familienmitglied ein Gerät mit einem eigenen Web-Zugang
ein", sagt Stefan Engel, Geschäftsführer von Acer in Deutschland. Das
Netbook positioniere sich geschickt zwischen dem kompletten, aber
schweren Notebook und Smartphones wie dem iPhone und den
Blackberry-Geräten, sagt Engel. Er selbst schätze sein Netbook als
reines Mail-Tool für Tagesreisen. "Wenn ich nur einen Tag unterwegs
bin, nehme ich kein Notebook mit, sondern nur das Netbook, weil ich
dann meist ohne Powerpoint auskomme."
Ein gewisser Verdrängungseffekt sei da nicht zu vermeiden, sagt der
Acer-Chef: "Sicher gehen im Netbook-Bereich die Stückzahlen definitiv
auf Kosten von Notebooks, vor allem im Low-End-Bereich. Die deutliche
Mehrheit sind aber Zusatzgeräte."
Die Geräte eignen sich vor allem für Menschen, die mobil einfache
Anwendungen nutzen wollen, für Spiele oder gar Videos sind sie nicht
geeignet. Das könnte sich mit der nächsten Gerätegeneration ändern:
Intel hat mit Pineview einen Nachfolger des bislang eingesetzten
Atom-Prozessors angekündigt. Er soll zwei Prozessorkerne und eine
integrierte Grafikeinheit haben. Das kommt vor allem Spielern zugute.
Ein wichtiger Vertriebskanal für Netbooks sind Kooperationen mit
Netzbetreibern. So hat T-Mobile nach eigenen Angaben innerhalb von vier
Wochen knapp 10000 Acer Aspire One verkauft. Das Netbook sei eines der
Schlüsselprodukte für das mobile Internet - ähnlich dem iPhone, sagt
T-Mobile-Vertriebsgeschäftsführer Philipp Humm. Die Geräte kosten einen
Euro, wenn ein Mobilfunkvertrag abgeschlossen wird. Auch Vodafone hat
Netbooks zu ähnlichen Konditionen im Angebot Mittlerweile legen die
Hersteller mehr Wert auf Design. Espressofarbene Geräte sollen auch
Jugendliche ansprechen. Andere Geräte hat für HP die bekannte
Modedesignern Vivienne Tam durchgestylt. Der Asus S101 geht in Richtung
Macbook, mit Klavierlack und Edelstahlkanten, für knapp 600 Euro.
Ging es bei der Markteinführung der Netbooks vor allem um das
Billigsegment bis 300 Euro, erkennt Berater Schnabel nun eine
"Professionalisierung". Damit meint er neben dem ausgefeilteren Design
mit besserer Ergonomie auch Geräte mit Eigenschaften wie drehbarem
Display und Touchscreen. "Damit treten die Geräte stärker in Konkurrenz
mit denen der iPhone-Klasse", sagt er. Diesen Markt adressiert Asus mit
dem auf der Cebit gezeigten Eee PC T91 mit integrierter UMTS-Karte.
Die Anbieter versprechen zudem bessere Garantiebedingungen, die für
Geschäftsreisende auch unterwegs Abhilfe bei Problemen bringen, sowie
zuverlässige Unterstützungs-Dienste für die Business-Kunden.
Im Außendienst sind Netbooks für Schnabel durchaus tauglich als
Ersatz für herkömmliche PDAs. Noch gibt es aber für Business-Benutzer
deutliche Einschränkungen. So fehlen Fingerabdruck-Sensoren und
Sicherheits-Features wie sogenannte Trusted-Platform-Module. Diese
erlauben einen an die Anmeldung gekoppelten Schutz vor Zugriffen durch
Dritte.
Intel plant den Bau eines Mobilprozessors namens Medfield mit 32
Nanometer Strukturbreite. Ab 2010 sollen diese Chips vor allem in
Handhelds und Netbooks zum Einsatz kommen. Der Vorgänger Pineview ist
für 2009 angekündigt.
Neben dem Prozessor und einem Grafikkern bringt
der Medfield den Plänen zufolge auch Multimedia-Funktionen sowie die
Ein- und Ausgabeeinheit auf einem einzigen Chip unter. Er wird in ein-
und zweikernigen Varianten zu haben sein. Mit dem neuen Prozessor
könnten Netbooks neue Anwendungsfelder erschließen und auch besser für
Multimedia-Anwendungen oder hochauflösendes Video geeignet sein. Zudem
soll der Prozessor weniger Strom verbrauchen, so dass die Kleingeräte
ihre Akku-Laufzeit verdoppeln könnten.
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